Antifaschismus in Deutschland verbieten? Der Anti-Antifa-Antrag der AfD

Ich erkläre heute in sehr einfacher Sprache, was in dem neuesten faschistischen und staatsfeindlichen Manifest, getarnt als Antrag der AfD steht, was das bedeutet und warum dieser Antrag gefährlich ist. Der Antrag hat den Titel „Inneren Frieden in Deutschland bewahren – Antifa-Verbote umsetzen sowie Linksterrorismus entschlossen bekämpfen“ und wurde am 14. Oktober 2025 im Bundestag eingereicht. Das ist eine offizielle Drucksache mit der Nummer 21/2221. Der Antrag behauptet, die „Antifa“ sei ein großes Sicherheitsproblem und solle verboten werden. „Drucksache“ heißt, es ist ein offizielles Papier des Parlaments. „Antifa“ ist eine kurze Form von Antifaschismus. Antifaschismus bedeutet, sich aktiv gegen Faschismus zu stellen. Faschismus ist eine harte, antidemokratische Herrschaftsform, in der wenige Menschen das Sagen haben, Gewalt und Angst als Mittel der Politik nutzen und Menschenrechte nicht achten. Die AfD führt in ihrem Antrag viele Beispiele von Gewalttaten an und baut daraus die Forderung, gegen „die Antifa“ so vorzugehen, als sei sie eine gemeinsame Organisation mit festen Strukturen. Der Antrag nennt außerdem Wünsche an Polizei, Justiz und Verfassungsschutz und will, dass Gesetze verschärft werden, zum Beispiel der Paragraf 129a Strafgesetzbuch. § 129a ist der sogenannte Terrorismusparagraf. Er erlaubt, Personen zu verfolgen, die eine terroristische Vereinigung gründen oder unterstützen. „Vereinigung“ bedeutet eine feste Gruppe mit gemeinsamen Regeln und einer gemeinsamen Leitung. Der Antrag will, dass man bestimmte Gewalttaten schneller unter Terrorismus fasst und die Hürden für solche Ermittlungen senkt. „Hürden senken“ heißt, es wird leichter, sehr harte Mittel gegen Menschen anzuwenden, zum Beispiel Überwachung oder Untersuchungshaft. Diese Punkte stehen so im Antrag der AfD. Ich beziehe mich hier direkt auf dieses Dokument.

Wichtig ist zu verstehen, dass „Antifa“ in Deutschland aber auch Weltweit in der Regel keine einzige feste Organisation ist, sondern ein Sammelbegriff. „Sammelbegriff“ heißt, viele unterschiedliche Gruppen und Einzelpersonen werden unter einem Wort zusammengefasst, obwohl sie nicht gemeinsam handeln, keine gemeinsame Kasse haben und keine gemeinsame Leitung haben. Genau hier liegt ein Kernproblem des Antrags. Ein „Vereinsverbot“ nach dem Vereinsgesetz, also ein staatliches Verbot einer Organisation, ist in Deutschland nur möglich, wenn es einen konkreten Verein gibt. Ein Verein im rechtlichen Sinn ist eine auf Dauer angelegte Organisation, die einen festen Kern hat und eine klare Struktur. Ein bloßer Sammelbegriff ist kein Verein. Wenn man trotzdem ein Verbot ausspricht, ohne dass eine feste Organisation existiert, trifft das am Ende Menschen wegen ihrer Haltung. „Haltung“ meint hier die politische Meinung, also das Eintreten gegen Faschismus. Das wäre ein Gesinnungsverbot. „Gesinnungsverbot“ bedeutet, dass nicht Handlungen, sondern die Meinung bestraft wird. Das steht im Widerspruch zur Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, also ein besonders geschütztes Recht.

Die AfD will im Antrag außerdem, dass die Bundesregierung die Sicherheitsbehörden stärker politisch führt und den Verfassungsschutz „vertrauenswürdiger“ macht. Das klingt zuerst harmlos, ist es aber nicht. Der Verfassungsschutz ist eine Behörde, die die freiheitliche demokratische Grundordnung schützt. „Freiheitliche demokratische Grundordnung“ ist ein schwieriges Wort für die Grundregeln unserer Demokratie. Dazu gehören freie Wahlen, Menschenwürde, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit. „Gewaltenteilung“ bedeutet, dass Gesetzgebung, Regierung und Gerichte voneinander getrennt sind. So kann eine Seite die andere kontrollieren. Wenn eine Partei fordert, Sicherheitsbehörden politisch enger zu steuern, ist das gefährlich. Es schwächt die Unabhängigkeit dieser Behörden. Unabhängigkeit heißt, sie arbeiten nach Recht und Gesetz, nicht nach Parteiwillen. Wenn man die Unabhängigkeit schwächt, kann eine Regierung ihre Gegner leichter verfolgen. Das ist in einer Demokratie nicht erlaubt und auch nicht klug, denn morgen könnte eine andere Regierung diese Macht gegen dich einsetzen.

Der Antrag will weiterhin, dass Deutschland mit Ungarn und den Niederlanden zusammenarbeitet, um Antifa-Bewegungen in Europa zu bekämpfen, und dass die EU-Terrorrichtlinie geändert wird. Eine EU-Richtlinie ist ein europäischer Rahmen, aus dem dann nationale Gesetze entstehen. Eine Verschärfung an dieser Stelle kann dazu führen, dass in vielen Ländern die Schwelle sinkt, politisches Engagement als „terroristisch“ zu markieren. „Schwelle sinkt“ heißt, es wird schneller und leichter möglich, Menschen hart zu bestrafen. Das ist gefährlich, denn das kann auch friedliche Aktivistinnen und Aktivisten treffen, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus oder gegen echte Nazis einsetzen. Antisemitismus ist Feindlichkeit gegen Jüdinnen und Juden.

Der Antrag benutzt echte Fälle von brutalen Gewalttaten, die ich nicht kleinrede. Jede Gewalt gegen Menschen ist ein Verbrechen. Wer Menschen angreift, soll bestraft werden. Das passiert heute schon. Polizei und Justiz haben dafür Gesetze. Sie heißen Körperverletzung, schwere Körperverletzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Brandstiftung und vieles mehr. „Landfriedensbruch“ bedeutet, dass Menschen eine Menschenmenge aufwiegeln und dabei Straftaten begehen. Diese Gesetze gelten für alle Täter, egal aus welchem politischen Lager sie kommen. Wir brauchen dafür keine Gesinnungsparagrafen. Wir brauchen saubere Ermittlungen, faire Verfahren und Strafen nach Recht und Gesetz. Der Antrag der AfD macht aber aus einzelnen Tätern eine große, einheitliche „Feindorganisation“. Das ist ein rhetorischer Trick. „Rhetorischer Trick“ heißt, man formt mit Worten eine Wirklichkeit, die so nicht existiert. Aus einer unübersichtlichen Szene mit vielen kleinen Gruppen wird mit einem Wort ein großes, bedrohliches Ganzes. Das wirkt stark, ist aber ungenau und rechtlich untauglich. Die Darstellung, die die AfD benutzt, steht so in der Drucksache und dient als Grundlage für die geforderten Verbote und Gesetzesverschärfungen.

Jetzt zu den Grundrechten, also den wichtigsten Regeln unserer Verfassung. Unsere Verfassung heißt Grundgesetz. Artikel 5 schützt die Meinungsfreiheit. Das bedeutet, du darfst deine Meinung sagen, auch wenn sie anderen nicht gefällt. Artikel 8 schützt die Versammlungsfreiheit. Das bedeutet, du darfst friedlich demonstrieren. Artikel 9 schützt die Vereinigungsfreiheit. Das bedeutet, du darfst Vereine gründen und Mitglied sein, solange der Verein nicht strafbare Ziele verfolgt. Ein Verbot ist nur möglich, wenn ein Verein aktiv gegen die Grundordnung kämpft oder sich gegen Völkerverständigung richtet. „Völkerverständigung“ heißt, dass Völker friedlich miteinander umgehen. Ein pauschales Verbot eines Sammelbegriffs wie „Antifa“ greift in alle drei Grundrechte gleichzeitig ein. Es verbietet Meinung, Treffen und Zusammenschluss allein wegen des Etiketts. Ein solches Verbot wäre unverhältnismäßig. „Unverhältnismäßig“ bedeutet, das Mittel ist härter als nötig und trifft zu viele Unschuldige. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein Grundpfeiler unseres Rechtsstaats. „Rechtsstaat“ heißt, der Staat ist an Recht und Gesetz gebunden und darf nicht willkürlich handeln. Willkür bedeutet, etwas passiert ohne sachlichen Grund, nur wegen Macht oder Laune.

Der Antrag der als gesichert Rechtsextrem eingestuften AfD will auch die Grenzen von § 129a verschieben. Das bedeutet, dass Taten, die heute als schwere Gewaltstraftaten gelten, künftig als Terror eingestuft werden könnten. Der Begriff „Terror“ steht für Gewalt, die die Bevölkerung einschüchtern oder den Staat erheblich schädigen soll. Wenn man diese Schwelle senkt, ist die Folge, dass Demonstrationen und politischer Protest leichter kriminalisiert werden können. Journalisten, die darüber berichten, können schneller überwacht werden. „Überwachen“ heißt, Kommunikationsdaten sammeln, Telefone abhören, Online-Zugänge ausforschen. Das ist ein massiver Eingriff in Privatsphäre. „Privatsphäre“ ist der geschützte Bereich deines Lebens. Wer solche Eingriffe erleichtert, ohne eine klare und enge Definition von Terror, öffnet der Missachtung von Grundrechten die Tür.

Besonders bedenklich ist, wie der Antrag mit dem Verfassungsschutz umgeht. Er tut so, als sei die Beobachtung von Rechtsextremismus eine Art politische Verfolgung. Dabei ist die Beobachtung von verfassungsfeindlichen Strömungen Auftrag dieser Behörde. „Verfassungsfeindlich“ heißt, gegen die Grundregeln der Demokratie gerichtet. Wenn der Antrag verlangt, die Regierung solle das Vertrauen in den Verfassungsschutz dadurch wiederherstellen, dass der Fokus auf „Links“ verschoben wird, ist das ein politischer Druckversuch auf eine Behörde, die nach Recht und nicht nach Parteiwunsch arbeiten muss. Das verletzt die Idee der wehrhaften Demokratie. „Wehrhafte Demokratie“ bedeutet, der Staat schützt sich gegen seine Feinde, aber er tut das mit rechtsstaatlichen Mitteln und ohne politische Willkür.

Der Antrag nutzt auch internationale Beispiele, zum Beispiel die USA und Ungarn, und verweist auf Forderungen, die „Antifa“ als terroristisch einzustufen. Diese Vergleiche lenken ab. Politische Systeme sind verschieden, Rechtsordnungen sind verschieden, und nicht jede Entscheidung aus dem Ausland passt zu unserem Grundgesetz. Wer Ungarn als Vorbild nennt, verweist auf ein Land, das in Europa wegen Problemen mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kritisiert wird. Hier müssen wir sehr wachsam sein. Wenn man sich Vorbilder sucht, sollte man solche wählen, die Demokratie stärken, nicht schwächen.

Ich halte fest, was der Antrag am Ende in der Praxis bedeuten würde. Menschen, die sich gegen Faschismus einsetzen, geraten unter Generalverdacht. „Generalverdacht“ heißt, man verdächtigt eine ganze Gruppe, obwohl nur einzelne Straftaten begangen haben. Pressearbeit, Mahnwachen, Vernetzen, Recherchieren und Hilfe für Betroffene rechter Gewalt können leichter als Unterstützung einer angeblichen „terroristischen Bewegung“ ausgelegt werden. Das erzeugt Selbstzensur. „Selbstzensur“ heißt, Menschen trauen sich nicht mehr, ihre Meinung zu sagen, aus Angst vor Strafe. So kippt eine Demokratie langsam in Richtung Autoritarismus. „Autoritarismus“ bedeutet, Macht wird gebündelt, Widerspruch wird unterdrückt, Kontrolle wird ausgebaut.

Ich widerspreche ausdrücklich der Erzählung, man könne mit einem großen Sammelverbot Sicherheit herstellen. Sicherheit entsteht durch konsequente Strafverfolgung von konkreten Taten, nicht durch politische Etiketten. Wer schlägt, wer anzündet, wer droht, wird angeklagt und vor Gericht gestellt. Das gilt für alle, egal ob rechts, links oder irgendwas dazwischen. Dafür brauchen wir gute Polizei, gute Staatsanwaltschaften, faire Richterinnen und Richter und genug Personal. Wir brauchen keine Gesetze, die die Tür zu Gesinnungsjustiz öffnen. „Gesinnungsjustiz“ bedeutet, dass nicht die Tat, sondern die politische Meinung bestraft wird.

Zum Schluss meine sehr klare Einordnung. Dieser Antrag ist kein Beitrag zum Schutz des inneren Friedens. „Innerer Frieden“ heißt, Menschen können frei, sicher und ohne Angst vor politischer Gewalt leben. Der Antrag spaltet das Land, kriminalisiert Antifaschismus als Haltung und will den Rechtsstaat umbauen, damit eine Regierung leichter gegen politische Gegner vorgehen kann. Er greift Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit an, untergräbt die Gewaltenteilung und schwächt die Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörden. Er verfehlt das Ziel, Gewalt zu verhindern, weil er auf Etiketten schaut, nicht auf Taten. Er ist damit ein Angriff auf das Fundament unserer Demokratie. Das Fundament ist das, worauf alles steht. Wenn man daran sägt, fällt am Ende das ganze Haus.

Meine ehrliche Bewertung lautet deshalb: Dieser Antrag ist ein gefährlicher Testballon für einen autoritären Staat. Wer Freiheit liebt und aus der Geschichte gelernt hat, sagt dazu klar und laut Nein.

Quellenangabe:
Deutscher Bundestag (2025): Inneren Frieden in Deutschland bewahren – Antifa-Verbote umsetzen sowie Linksterrorismus entschlossen bekämpfen.
Antrag der Abgeordneten Martin Hess, Stephan Brandner, Dr. Gottfried Curio u. a. sowie der Fraktion der AfD.
Drucksache 21/2221, 21. Wahlperiode, 14. Oktober 2025.
Berlin: Deutscher Bundestag.
Online einsehbar über die Parlamentsdokumentation des Deutschen Bundestages.