Ich bin Heilerziehungspfleger in Hamburg. Ich arbeite in einer Kita, also in einer Kindertagesstätte. Jeden Tag kümmere ich mich um Kinder. Viele von ihnen brauchen besondere Unterstützung. Manche haben eine Behinderung. Andere haben schlimme Dinge erlebt oder kommen aus Familien, in denen wenig gesprochen oder vorgelesen wird. Diese Kinder brauchen Hilfe. Sie brauchen Zeit. Sie brauchen Menschen, die sie verstehen. Menschen, die ihre Sprache sprechen, auch wenn es nur mit Blicken, Gesten oder viel Geduld ist.
Jetzt gibt es Politiker, die darüber sprechen, die Standards in den Kitas zu senken.
Standard heißt, was in einer Kita mindestens da sein muss. Zum Beispiel genug Personal. Also genug Fachkräfte, die wissen, wie man mit Kindern arbeitet. Oder kleine Gruppen, damit kein Kind übersehen wird. Oder genügend Räume, damit Kinder Platz zum Spielen und Lernen haben.
In Rheinland-Pfalz haben zwei Landkreise gesagt: Wir wollen weniger Geld für die Kitas ausgeben. Das können wir machen, wenn wir die Standards senken. Das heißt, sie wollen zum Beispiel weniger Personal oder größere Gruppen. Oder weniger Ausbildung für die Erzieherinnen und Erzieher.
Der Geschäftsführer des Landkreistages Rheinland-Pfalz, Andreas Göbel, hat das sogar unterstützt. Er hat gesagt, man solle die Kosten im Sozialbereich senken. Er meint damit auch die Kitas. Auch der Kreis Cochem-Zell und der Kreis Südwestpfalz klagen jetzt gegen das Land, weil sie mehr Geld haben wollen. Sie sagen, das Land gibt ihnen zu wenig. Und weil das Geld nicht reicht, wollen sie an den Kindern sparen.
Das ist eine Katastrophe. Nicht nur für die Kinder dort. Sondern für uns alle.
Denn in jeder Kita fehlen jetzt schon Fachkräfte. In Hamburg fehlen Hunderte Erzieherinnen und Erzieher. Gruppen sind zu groß. Viele Kinder kommen mit zu wenig Sprache in die Schule. Viele Kinder lernen nie, ihre Gefühle zu verstehen oder Streit friedlich zu lösen. Wenn wir jetzt noch weniger Personal haben, passiert etwas ganz Schlimmes: Kinder werden übersehen. Sie werden verletzt. Sie gehen verloren.
Gerade Kinder mit Behinderungen trifft das besonders hart. Diese Kinder brauchen oft eine Einzelbetreuung. Oder jemanden, der ihnen hilft, mit den anderen zu spielen. Diese Arbeit kostet Zeit und Kraft. Wenn es dafür keine Leute mehr gibt, sind diese Kinder ausgeschlossen.
Ich will das klar sagen: Wer bei den Kleinsten spart, spart sich die Zukunft kaputt.
Kinder brauchen Bindung. Das heißt, sie müssen sich sicher fühlen. Sie müssen vertrauen können. Das lernen sie nur, wenn Erwachsene da sind, die sich Zeit nehmen. Wenn Erwachsene genug Kraft haben. Und wenn sie nicht jeden Tag kurz davor sind, zusammenzubrechen, weil sie alleine für zu viele Kinder da sein müssen.
Es wird nicht billiger, wenn man an den Kindern spart. Es wird am Ende viel teurer.
Denn Kinder, die nicht sprechen lernen, müssen später gefördert werden. Das kostet mehr Geld. Kinder, die nicht lernen, ihre Wut zu zeigen, ohne andere zu schlagen, machen später Probleme in der Schule. Kinder, die nicht lernen, sich zu vertrauen, trauen sich später nichts zu. Das zerstört ihr Leben und unsere Gesellschaft.
Wir brauchen keine Sparideen auf dem Rücken der Kinder. Wir brauchen Mut, in Kinder zu investieren.
Eltern in Rheinland-Pfalz haben das schon gesagt. Die Vorsitzende des Landeselternausschusses, Annegret Neugschwender, hat gesagt: Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Familien, Fachkräfte und vor allem der Kinder.
Ich sage: Es ist noch schlimmer. Es ist Verrat an der Zukunft.
Die Politiker, die so etwas fordern, heißen Andreas Göbel, der Landkreistag Rheinland-Pfalz, der Kreis Cochem-Zellund der Kreis Südwestpfalz. Sie alle wissen genau, was sie tun. Sie riskieren, dass Kinder in Kitas noch weniger bekommen als heute schon.
Wir müssen laut sein. Wir müssen uns wehren. Als Fachkräfte. Als Eltern. Als Bürgerinnen und Bürger.
Wir in Hamburg dürfen nicht warten, bis unsere Politiker auf solche verrückten Ideen kommen. Denn ich weiß genau: In den Ämtern wird auch hier schon darüber gesprochen, wie man Geld sparen kann.
Wir müssen klar sagen: Hände weg von den Kitas!
Denn das, was wir den Kleinsten geben, bekommen wir als Gesellschaft hundertfach zurück. Aber was wir ihnen nehmen, das fehlt uns für immer.
