Die neue Bundes-Behörde für Barrierefreiheit kommt viel später – und das ist ein Skandal

Es sollte eine gute Nachricht sein: Menschen mit Behinderung in Deutschland sollen besser geschützt werden. Dafür wurde ein neues Gesetz gemacht. Das Gesetz heißt „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“. Es sagt: Produkte wie Geldautomaten, Fahrkarten-Automaten oder Webseiten müssen für alle Menschen nutzbar sein – also auch für blinde Menschen, für Menschen im Rollstuhl oder für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten. Das ist wichtig, weil viele Dinge im Alltag heute nicht barrierefrei sind. Menschen mit Behinderung werden dadurch ausgeschlossen. Das darf in einer Demokratie nicht sein.

Damit das Gesetz auch wirklich eingehalten wird, sollte eine neue Behörde gegründet werden. Eine Behörde ist eine staatliche Stelle, die etwas kontrolliert. Diese neue Behörde sollte schauen: Halten sich Firmen an das Gesetz? Sind ihre Angebote wirklich barrierefrei? Wenn nicht, kann die Behörde sagen: Ihr müsst das ändern. Oder sie kann Strafen verhängen. So funktioniert Kontrolle in einem Rechtsstaat. Es wurde sogar entschieden, wo diese Behörde sitzen soll: In der Stadt Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Alles war bereit. Die Behörde hätte am 28. Juni 2025 starten können.

Aber das ist nicht passiert.

Die neue Behörde existiert noch immer nicht. Und das ist ein großes Problem – nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für die ganze Gesellschaft.

Warum passiert nichts? Wer ist schuld?

Damit die Behörde anfangen kann, müssen alle Bundesländer einem sogenannten „Staatsvertrag“ zustimmen. Das ist ein Vertrag zwischen mehreren Regierungen innerhalb von Deutschland. Nur wenn alle 16 Bundesländer sagen „Ja“, kann die neue Stelle loslegen. Doch bis heute haben nicht alle zugestimmt. Einige Landes-Regierungen haben es einfach nicht geschafft. Andere haben es vielleicht absichtlich nicht getan. Einige sagen sogar offen, dass sie das Gesetz für übertrieben halten. Besonders Bayern, Hessen, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern haben den Vertrag noch nicht unterschrieben. In Hessen will man erst nach der Sommerpause im Landtag darüber sprechen. Das heißt: frühestens im Herbst.

Diese Länder tragen eine große Verantwortung für die Verzögerung. Das ist keine Kleinigkeit. Denn in der Zwischenzeit kann niemand kontrollieren, ob Firmen das Gesetz einhalten. Die Barrierefreiheit bleibt auf der Strecke. Menschen mit Behinderung werden weiter ausgeschlossen. Und das nur, weil einige Regierungen nicht handeln.

Verantwortlich sind die Ministerpräsidenten dieser Länder. In Hessen ist das Boris Rhein von der CDU. In Bayern ist es Markus Söder, von der Schwesterpartei CSU. Im Saarland regiert die SPD mit Anke Rehlinger. Und in Mecklenburg-Vorpommern ist Manuela Schwesig von der SPD an der Spitze. Diese Politikerinnen und Politiker tragen die Verantwortung dafür, dass behinderte Menschen weiter warten müssen. Sie machen ihre Arbeit schlecht. Wären sie normale Angestellte in einem Unternehmen, hätte man sie längst abgemahnt. Vielleicht sogar entlassen.

Denn in der freien Wirtschaft gilt: Wenn man eine wichtige Aufgabe nicht rechtzeitig erledigt, gibt es Ärger. Wenn man anderen dadurch schadet, wird man zur Rechenschaft gezogen. Aber bei Politikerinnen und Politikern scheint das anders zu sein. Sie versprechen viel. Sie reden in Wahlkämpfen über Inklusion und Menschenrechte. Aber wenn es darauf ankommt, liefern sie nicht.

Was sagen die Betroffenen?

Die Kritik ist groß. Viele Verbände sind wütend. Sie haben jahrelang dafür gekämpft, dass es ein gutes Gesetz gibt. Jetzt sehen sie, wie alles wieder verzögert wird.

Der Deutsche Behindertenrat, eine wichtige Stimme für Menschen mit Behinderung, sagt: „Wir brauchen ein Leben ohne Barrieren – und zwar jetzt, nicht irgendwann.“ Auch der VdK, der größte Sozialverband Deutschlands, ist sehr deutlich. Die Präsidentin Verena Bentele sagt: „Behinderte Menschen haben lange genug gewartet. Das neue Gesetz ist schon zu schwach. Wenn jetzt auch noch die Kontrolle fehlt, ist das ein Schlag ins Gesicht.“

Diese Kritik ist berechtigt. Es geht hier nicht um Luxus. Es geht um Menschenrechte. Menschen mit Behinderung müssen einkaufen können, Geld abheben, Bus und Bahn fahren und im Internet Dinge erledigen – wie alle anderen auch. Wenn das nicht geht, ist das eine Form von Ausgrenzung. Wer das zulässt, handelt gegen die Demokratie.

Welche Rolle spielt die Bundesregierung?

Auch die Bundesregierung trägt Schuld. Genauer gesagt: das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dort war Hubertus Heil der Minister. Er gehört zur SPD. Das Ministerium hat das Gesetz zwar vorbereitet und durch den Bundestag gebracht. Aber dann hat man sich ausgeruht. Die Umsetzung wurde nicht mit voller Kraft begleitet. Es wurde versäumt, den Bundesländern genug Druck zu machen. Auch die nötigen Strukturen in Magdeburg fehlen noch. Es gibt bis heute kein barrierefreies Gebäude für die neue Behörde. Niemand weiß, wo die Beschäftigten sitzen sollen. Das ist peinlich.

Dazu kommt: Ein Teil des Problems lag auch beim Bundesjustizministerium. Das wurde von Marco Buschmanngeführt. Er ist von der FDP. Sein Ministerium blockierte viele Monate die eigentlich versprochene Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes. Auch diese Reform ist wichtig für Barrierefreiheit – besonders bei privaten Firmen. Aber Buschmanns FDP findet die Regeln „wirtschaftsfeindlich“. Also passiert nichts. Und die Ampel-Regierung – also SPD, Grüne und FDP – schauten nur zu. Niemand setzte sich durch. Niemand machte Tempo. Dabei ist Barrierefreiheit ein Grundrecht. Und das, obwohl es extreme Übergangsfristen gibt, so dass zum Beispiel Automaten, die man heute bei einem Hersteller kaufen kann. Weitere 15 Jahre verkauft werden dürfen, ohne dass man an diesem etwas ändern muss. Das zeigt eindeutig, dass niemand in der Ampel an echter Inklusion ein Interesse hatte.

Was bedeutet das für Menschen mit Behinderung?

Für die Betroffenen ist das alles sehr bitter. Sie müssen weiter mit Barrieren leben. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass Webseiten oder Automaten für sie nutzbar sind. Sie haben keine Behörde, an die sie sich wenden können. Sie fühlen sich vergessen. Sie werden wieder nicht ernst genommen.

Und das ist gefährlich. Denn wenn Menschen merken, dass ihre Rechte nichts zählen, verlieren sie das Vertrauen in die Politik. Dann glauben sie nicht mehr an Gleichberechtigung. Dann fühlen sie sich ausgeschlossen. Und das schadet nicht nur den Betroffenen – das schadet der ganzen Gesellschaft.

Was müsste jetzt passieren?

Alle Bundesländer müssen sofort den Vertrag unterschreiben. Ohne Ausnahme. Wer das nicht tut, handelt verantwortungslos. Die Bundesregierung muss Druck machen. Die Parteien CDU, CSU, SPD und Grüne müssen zeigen, dass sie es ernst meinen mit Inklusion. Und die neue Behörde in Magdeburg muss endlich starten – mit einem barrierefreien Gebäude, mit Personal, mit klaren Aufgaben.

Politikerinnen und Politiker, die das verzögern, sollten öffentlich benannt werden. Sie sollten sich rechtfertigen müssen. Sie sollten erklären, warum ihnen die Rechte von Millionen Menschen so wenig bedeuten. Und wenn sie keine guten Gründe haben, sollten sie Konsequenzen spüren – wie jeder andere Mensch auch, der seine Arbeit nicht macht.

Schlusswort

Barrierefreiheit ist kein Geschenk. Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht. Deutschland hat dieses Recht lange missachtet. Jetzt gab es endlich einen Schritt in die richtige Richtung. Doch wieder wird gebremst. Wieder wird gezögert. Wieder werden die Schwächsten ausgebremst.

Das ist nicht nur traurig. Das ist beschämend. Und es ist politisches Versagen.

Quellen:

– FAZ, 2025: „Behörde für Barrierefreiheit kommt später“
– Hasepost, 2025: „Behindertenrat fordert sofortige Umsetzung“
– Deutscher Behindertenrat: Pressemitteilung zur Kritik am Gesetz
– VdK Deutschland: Kritik von Verena Bentele