Viele Menschen sagen heute: Wir leben im Zeitalter des Populismus. Sie sagen das, weil Politiker wie Donald Trump, Viktor Orban, Giorgia Meloni oder die AfD sehr laut sind. Und weil sie viele Menschen mit einfachen Antworten überzeugen. Aber so einfach ist es nicht. Es stimmt zwar, dass es viele Politiker gibt, die so tun, als wären nur sie allein für das Volk da. Die sagen dann: Wir sind das echte Volk. Und wer anderer Meinung ist, gehört nicht dazu. Solche Politiker nennt man Populisten. Aber nicht jeder, der etwas Einfaches sagt oder Kritik übt, ist ein Populist.
Populismus ist ein schweres Wort. Es bedeutet: Ein Politiker tut so, als wäre er der Einzige, der die Wahrheit kennt. Und als wäre nur er auf der Seite der guten Menschen. Das Problem ist: Populisten mögen keine Meinungsvielfalt. Das bedeutet, sie wollen nicht, dass es viele verschiedene Ansichten gibt. Sie wollen am liebsten allein bestimmen. Das ist das Gegenteil von Demokratie. Denn in einer Demokratie dürfen viele Menschen mitentscheiden. Und es ist wichtig, dass man auch andere Meinungen hören kann.
Ein großes Problem ist, dass viele Menschen heute das Wort Populismus für alles Mögliche benutzen. Auch für Dinge, die ganz anders sind. Zum Beispiel für eine schlechte Zollpolitik. Zollpolitik ist, wenn ein Land entscheidet, wie viel Geld andere zahlen müssen, wenn sie Waren ins Land bringen. Oder für dumme Sprüche von Politikern. Dann verlieren wir den Blick für das, was wirklich gefährlich ist.
Der Forscher Jan-Werner Müller sagt: Populismus wird oft mit anderen schlimmen Dingen verwechselt. Zum Beispiel mit Fremdenfeindlichkeit. Das ist, wenn jemand Menschen aus anderen Ländern hasst. Oder mit Rassismus. Das ist, wenn jemand denkt, eine Hautfarbe ist besser als eine andere. Oder mit dem Wunsch, andere Menschen zu kontrollieren. All das gibt es. Aber nicht jeder, der so denkt, ist automatisch ein Populist. Und nicht jeder Populist ist automatisch ein Faschist. Faschisten wollen eine Diktatur und keine Freiheit. Aber Populisten können der erste Schritt dahin sein.
In den USA sehen wir gerade, wie gefährlich Populismus werden kann. Donald Trump war Präsident. Jetzt will er wieder gewählt werden. Er ist kein normaler Politiker. Er sagt offen: Nur ich bin das wahre Amerika. Und wenn jemand gegen ihn ist, ist er kein richtiger Amerikaner. Das ist eine gefährliche Haltung. Denn so macht man andere Menschen zu Feinden. Und wer so denkt, will nicht mehr zuhören oder Kompromisse machen. Kompromisse sind Lösungen, bei denen alle etwas nachgeben. In der Demokratie sind sie sehr wichtig.
Trump macht auch etwas anderes sehr gefährliches. Er tut Dinge, die nicht erlaubt sind. Und dann wartet er ab, was passiert. Ob Gerichte ihn bestrafen. Oder ob es ihm durchgeht. Er testet die Grenzen. Und wenn ihm keiner stoppt, geht er weiter. Das ist ein Verhalten, wie man es bei Diktatoren sieht. Diktator ist ein Mensch, der allein bestimmt und keine Wahlen mehr zulässt. Auch Viktor Orban in Ungarn, Erdogan in der Türkei und Modi in Indien machen das ähnlich. Sie beobachten einander und lernen voneinander. Das nennt man „Autokratisierung“. Das ist ein schwieriges Wort. Es meint: Eine Demokratie wird Schritt für Schritt zu einer Diktatur. Und viele Menschen merken das nicht gleich.
In Deutschland ist so etwas bisher nicht passiert. Und das liegt auch daran, dass unsere Gesetze sagen: Parteien müssen innerparteilich demokratisch sein. Das heißt, man darf in einer Partei nicht einfach alles bestimmen, nur weil man der Chef ist. Es müssen auch andere mitreden dürfen. Das schützt uns. Aber auch bei uns gibt es die Gefahr, dass Politiker die Sprache von Populisten übernehmen. Dass sie mit rechten Parteien zusammenarbeiten. Das ist besonders schlimm, wenn es aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Also von Parteien, die früher einmal für Freiheit und Gerechtigkeit standen.
Viele sagen: Populismus ist so erfolgreich, weil die Menschen Angst haben. Weil sie verunsichert sind. Weil viele Krisen gleichzeitig passieren. Und weil sie sich von der Politik vergessen fühlen. Das kann stimmen. Aber diese Gefühle werden nicht einfach so zu Populismus. Es braucht immer Menschen, die diese Angst ausnutzen. Die sagen: Du bist wütend? Ich sag dir, wer Schuld hat! Und das ist oft nicht die Wahrheit, sondern einfache Lügen. Menschen glauben das, weil sie sich nach Klarheit sehnen. Das heißt: Sie wollen einfache Antworten auf schwierige Fragen.
Ein anderes Problem ist, dass Populisten oft wie Stars behandelt werden. Ihre Anhänger verzeihen ihnen alles. So wie ein Fußballfan seinem Verein jede Niederlage verzeiht. Es geht nicht mehr um Inhalte. Es geht um Gefühle. Um ein „Wir gegen die“. Das ist gefährlich. Denn dann wird Politik wie ein Fußballspiel. Und nicht wie eine Diskussion um die besten Lösungen.
Auch soziale Medien machen das Problem größer. Denn dort wird oft nur das gezeigt, was laut ist. Und was sich gut verbreiten lässt. Populisten wissen das. Sie benutzen diese Kanäle ganz gezielt. Sie machen Politik zur Show. Und viele Menschen lassen sich davon blenden. Das ist nicht die Schuld der Medien allein. Aber es ist ein Teil der Wahrheit.
Viele Demokratien auf der Welt sind in Gefahr. Nicht, weil sie plötzlich abgeschafft werden. Sondern weil sie langsam kaputtgehen. Stück für Stück. Ohne dass es gleich auffällt. Es gibt nicht den einen Moment, wo man sagen kann: Jetzt ist die Demokratie tot. Man merkt es oft erst später. Dann ist es vielleicht zu spät.
Was kann man tun? Erstens: Man muss hinschauen. Man muss sich informieren. Man muss den Mund aufmachen, wenn etwas falsch läuft. Zweitens: Man muss wählen gehen. Man muss Parteien unterstützen, die für Demokratie stehen. Und drittens: Man darf nicht denken, dass alles von allein besser wird. Demokratie braucht Mut. Und Menschen, die sie jeden Tag verteidigen.
Jan-Werner Müller sagt: Redet mit Populisten. Aber redet nicht wie Populisten. Denn wer ihre Sprache benutzt, übernimmt auch ihre Gedanken. Und wer glaubt, man könnte mit Populismus gewinnen, verliert am Ende die Freiheit.
Es gibt keinen einfachen Weg. Aber es gibt viele Möglichkeiten, etwas zu tun. Wer schweigt, macht mit. Wer aufsteht, verändert etwas. Auch wenn es nur ein kleines Zeichen ist. Auch wenn es nur ein Plakat auf einer Demo ist. Oder ein Gespräch mit einem Nachbarn. Demokratie ist das, was wir daraus machen.
Und darum ist es so wichtig, dass wir Populismus erkennen. Dass wir ihn benennen. Aber nicht als Modewort. Sondern als echte Gefahr. Und dass wir den Unterschied sehen zwischen echter Kritik und falscher Wut.
Denn die Demokratie ist nicht perfekt. Aber sie ist das Einzige, was uns wirklich Freiheit gibt. Wer das aufgibt, verliert mehr als nur eine Wahl. Er verliert seine Stimme. Und irgendwann seine Rechte.
Quellen:
Jan-Werner Müller, Interview im Deutschlandfunk (Podcast: „Der Neue Westen“, Folge 12)
Bundeszentrale für politische Bildung
Heinrich-Böll-Stiftung (Beiträge zum Thema Populismus)
New York Times (Analysen zu Trump und US-Demokratie)
Princeton University – Veröffentlichungen von Jan-Werner Müller