Einen Ausweis im Internet anzufordern klingt harmlos. Doch es ist brandgefährlich. Denn damit greifen wir direkt in unsere Freiheit und unsere Bürgerrechte ein. Eine Altersprüfung ohne echte Schutzmaßnahmen verwandelt Datenschutz in Überwachung – das Gegenteil von dem, womit Kinder wirklich geschützt werden.
Es heißt, so könnten Kinder besser vor Gewalt, Pornografie oder Cybermobbing bewahrt werden. Aber das stimmt nicht. Die EU plant inzwischen, eine App zu nutzen. Sie scannt den Ausweis und sogar das Gesicht – bevor man Inhalte sehen darf. Dabei ist das anonyme Surfen endgültig vorbei.
Was aber, wenn die Daten nicht sicher sind? Schon heute zeigen Experten, dass Altersprüfungen leicht manipuliert werden können. Video‑Ident, also das Scannen per Kamera, ist angreifbar. Wenn wir sagen „Ja, ich bin 18“, ist das keine Garantie. Man kann gefälschte Dokumente oder automatisierte Generatoren nutzen – das macht Altersprüfungen sinnlos.
Dazu kommt ein anderes Problem: Wer speichert eigentlich all diese Altersdaten? Wenn die Plattform weiß, wer ich bin – und wie alt – schränken sie meine Privatsphäre ein. Bürgerrechtlich ist das ein Problem. Denn der Staat darf mich nicht ständig überwachen. Und Unternehmen speichern so Informationen über mich, die sie verkaufen oder später nutzen könnten.
Datenschutzrechtlich gilt: Je sensibler die Daten, desto höher der Schutz. Aber Ausweisdaten und biometrische Gesichtsscans sind sensibel. Sie müssen besonders geschützt werden. Wenn sie in falsche Hände geraten, ist das wie ein Haustürschlüssel, der überall passt – nur schlimmer.
Die Befürworter sagen: Nur so schützen wir die Kinder. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Gefahr, dass Daten missbraucht werden oder dass man sich über öffentliche Wi‑Fi‑Netze ausweisen muss, bedroht unsere Freiheit. Wir öffnen eine Tür für Überwachung, für Tracking, für Profilbildung.
Und was ist mit dem Kindeswohl? Kinder lernen Kreativität, Verantwortung und Reflexion. Wenn wir ihnen signalisieren: „Ohne Ausweis bist du nichts“, dann bringen wir ihnen bei, dass ihr Onlineverhalten überwacht wird. Das erzeugt Druck, Scham, Angst. Genau das Gegenteil von dem, was sie brauchen.
Ein freies Internet muss auch Raum für Unwissenheit und Fehler bieten. Es darf nicht sein, dass Kinder sich online erst beweisen müssen. Das ist nicht Schutz, sondern Kontrolle.
Je digitaler unser Leben wird, desto wichtiger ist es, Sicherheit nicht mit Überwachung zu verwechseln. Die Freiheit im Netz ist lückenhaft, aber wertvoll. Bürgerrechte sind keine Dekoration. Wenn wir Aussagen speichern wie „Max Mustermann, 17 Jahre“, dann schaffen wir digitale Profile für das Leben eines Menschen – auch dort, wo er ohne Hilfe unterwegs sein möchte.
Freiheit bedeutet, Räume zu haben, in denen ich mich entwickeln darf – und nicht ständig beweisen muss, wer ich bin. Wenn wir jedes digitale Tor mit Ausweispflicht öffnen, stellen wir ein Fundament für zukünftige Überwachung. Genau deshalb müssen wir auf die Bremse treten. Es geht um mehr als nur Kinder. Es geht um unsere Grundrechte. Und die müssen wir schützen – nicht verkaufen.
Das Internet darf kein digitaler Kindergarten mit permanenter Eintrittskontrolle werden.
„Datenschutz und Kinderschutz sind keine Gegensätze“ – sie gehören zusammen. Sonst ist das eine aufgeblasene Datenmühle .
Wir dürfen nicht zulassen, dass ein einmal eingeführtes System später jede Kamera, jedes Streaming und jeden Account kontrolliert. Dann haben wir nicht Kinder geschützt, sondern Technik und Wirtschaft belohnt – auf Kosten unserer Freiheit.