Was Alice Weidel nicht sieht – Die Geschichte von Lydia, dem 19. Opfer

Lydia war einmal ein fröhlicher Mensch. Sie hatte Träume. Sie wollte ein normales Leben. Doch irgendwann wurde alles dunkel in ihrem Kopf. Stimmen kamen. Stimmen, die nicht aufhörten. Stimmen, die ihr Dinge sagten, die nicht stimmen konnten. Lydia wurde krank. Sehr krank. Sie hatte eine Krankheit im Kopf. Das nennt man Schizophrenie. Das ist, wenn Menschen die Welt nicht mehr so sehen wie andere. Wenn sie Angst haben, obwohl keine Gefahr da ist. Wenn sie Dinge hören, die andere nicht hören.

Lydia hatte Hilfe gesucht. Sie war in einer Klinik. Dort wusste man, dass es ihr nicht gut geht. Man wusste, dass sie gefährlich werden könnte, wenn sie keine Hilfe mehr bekommt. Trotzdem hat man sie gehen lassen. Ohne Schutz. Ohne Betreuung. Ohne jemanden, der für sie da ist. Einen Tag später stand sie am Hauptbahnhof in Hamburg. Und sie tat etwas Schreckliches. Sie griff Menschen an. Sie verletzte viele. Achtzehn. Vier davon fast tödlich.

Alice Weidel von der AfD sah nur diese Tat. Sie schrieb im Internet, die Frau müsse „mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden“. Kein Wort über die Krankheit. Kein Wort über die Fehler des Staates. Kein Wort über Lydia als Mensch.

Aber wir sollten anders hinschauen.

Lydia ist nicht nur Täterin. Sie ist auch ein Opfer. Sie ist das 19. Opfer. Opfer eines Systems, das Menschen fallen lässt, wenn sie krank sind. Opfer eines Staates, der lieber spart als hilft. Opfer einer Gesellschaft, die lieber wegschaut, als sich zu kümmern. Lydia hätte Hilfe gebraucht. Und sie hätte nie allein gelassen werden dürfen.

Alice Weidel sieht das nicht. Sie will das nicht sehen. Für sie gibt es nur Schuld. Nur Strafe. Nur Härte. Sie teilt die Welt in Gut und Böse. In Wir und Die. In Wertvoll und Wertlos. Für kranke Menschen wie Lydia ist in dieser Welt kein Platz.

Doch wir dürfen dieses Denken nicht übernehmen. Denn es zerstört alles, was uns als Gesellschaft zusammenhält. Wenn wir anfangen, kranke Menschen nur noch als Gefahr zu sehen, dann verlieren wir unser Herz. Und unsere Menschlichkeit.

Lydia hat etwas Schreckliches getan. Ja. Aber bevor sie Täterin wurde, war sie lange schon Opfer. Opfer von Stimmen im Kopf. Von fehlender Hilfe. Von Einsamkeit. Von Angst. Von Vernachlässigung.

Wer das nicht sieht, wer nur Strafe fordert, der hilft niemandem. Der macht nur Angst. Und aus Angst entsteht Wut. Und aus Wut entsteht Hass. Genau davon lebt die AfD. Genau davon lebt Alice Weidel. Sie will keine Lösungen. Sie will Stimmung machen. Gegen die Schwachen. Gegen die Kranken. Gegen alle, die anders sind.

Aber wir müssen besser sein. Wir müssen sehen, was wirklich passiert ist. Wir müssen helfen, bevor Menschen verzweifeln. Wir müssen zuhören, bevor jemand schreit. Und wir müssen handeln, bevor jemand verletzt wird.

Denn niemand wird über Nacht zum Täter. Und manchmal sind die, die wir am meisten fürchten, selbst die, die am meisten Hilfe brauchen.

Das ist die Geschichte von Lydia.
Und das ist die Wahrheit, die Alice Weidel nie erzählen wird.