Ich habe genug von Kameras! Warum wir echte Sicherheit brauchen – nicht noch mehr Überwachung

Ich bin Hamburger. Ich bin Demokrat. Ich bin Mensch.

Und ich bin wütend.

Am 23. Mai 2025 hat eine Frau am Hauptbahnhof in Hamburg mit einem Messer auf Menschen eingestochen. 18 Menschen wurden verletzt. Vier davon lebensgefährlich. Dieser Angriff war schrecklich. Und ja – er macht Angst. Denn er zeigt: So etwas kann jederzeit und überall passieren. Auch dort, wo wir uns eigentlich sicher fühlen sollten.

Aber was passiert jetzt?

Was macht die Politik?

Was sagen Polizei und Sicherheitsbehörden?

Sie fordern nicht etwa mehr menschliche Hilfe oder mehr Schutz vor Ort. Nein. Stattdessen rufen sie nach mehr Kameras. Nach noch besserer Technik. Nach Überwachung mit künstlicher Intelligenz. Manche fordern sogar, dass Computer unsere Gesichter scannen dürfen. Damit die Polizei schon vorher weiß, ob wir gefährlich sind. Sie sagen: Nur so können wir solche Taten verhindern.

Ich sage: Das ist falsch.

Und ich will erklären, warum.

Kameras sind keine Schutzengel

Am Hauptbahnhof in Hamburg hängen schon über 200 Kameras. Sie filmen fast alles. Auf den Bahnsteigen. In den Gängen. Vor dem Eingang. Auf den Plätzen davor. Trotzdem hat niemand den Angriff verhindert. Niemand konnte eingreifen, bevor es zu spät war. Das zeigt: Kameras helfen nicht dabei, einen Menschen zu stoppen, der gerade ein Messer zückt. Kameras greifen nicht ein. Kameras halten kein Messer fest. Kameras retten keine Leben.

Kameras schauen nur zu.

Erst hinterher kann man sehen, was passiert ist. Aber dann ist das Blut schon geflossen. Dann sind Menschen verletzt. Dann ist der Schaden da. Es ist also eine Lüge, wenn gesagt wird, Kameras würden solche Angriffe verhindern. Das haben sie nicht. Und das werden sie auch nicht.

Was ist künstliche Intelligenz?

Viele Politiker fordern jetzt Kameras mit „künstlicher Intelligenz“. Das klingt modern. Aber was heißt das?

Künstliche Intelligenz ist ein Computerprogramm. Es lernt aus vielen Daten. Es soll erkennen, wenn etwas „ungewöhnlich“ ist. Zum Beispiel, wenn jemand rennt, schreit, stürzt oder sich aggressiv bewegt. Dann sendet das Programm eine Meldung an die Polizei. Und diese soll dann sofort reagieren.

Klingt gut?

Nicht wirklich.

Denn solche Programme machen oft Fehler. Sie erkennen Dinge als gefährlich, die gar nicht gefährlich sind. Zwei Menschen umarmen sich herzlich – die Kamera denkt: Das ist ein Kampf. Jemand setzt sich müde auf den Boden – die Kamera denkt: Der liegt bewusstlos da. Jemand läuft schnell, weil er den Zug erwischen will – die Kamera denkt: Flucht nach einem Verbrechen.

Was passiert dann?

Die Polizei kommt angerannt. Vielleicht wird jemand festgehalten, der gar nichts getan hat. Vielleicht wird ein Mensch unter Verdacht gestellt, nur weil er müde, traurig oder in Eile war.

Das ist nicht nur falsch. Das ist gefährlich.

Was ist Gesichtserkennung?

Noch schlimmer wird es bei der Gesichtserkennung. Dabei vergleicht ein Computer das Gesicht eines Menschen mit Bildern in Datenbanken zum Beispiel aus dem Melderegister wo dein Bild für deinen Personalausweis hinterlegt ist. Wenn jemand polizeibekannt ist oder gesucht wird, soll der Computer Alarm schlagen.

Auch das klingt erst mal gut.

Aber auch hier gibt es viele Fehler. Die Technik funktioniert nicht immer. Sie erkennt Menschen nicht zuverlässig. Manchmal erkennt sie gar nichts. Manchmal erkennt sie die falsche Person. Besonders Menschen mit dunkler Hautfarbe oder Frauen werden häufiger falsch erkannt. Das zeigt: Die Technik ist nicht gerecht. Sie ist voreingenommen. Die Programme sind mit Bildern von überwiegend weißen Männern trainiert worden.

Und was heißt das?

Das heißt: Du gehst am Bahnhof spazieren. Die Kamera denkt: Du bist jemand, der gesucht wird. Die Polizei hält dich an. Fragt dich aus. Vielleicht nehmen sie dich mit. Vielleicht kommst du sogar ins Gefängnis. Und erst später stellt sich heraus: Du warst unschuldig.

Das ist nicht nur unangenehm. Das kann dein Leben zerstören.

Ich will keine Gesellschaft, die alle Menschen verdächtigt

Was passiert mit einer Gesellschaft, in der jeder Mensch ständig beobachtet wird? In der jede Bewegung, jeder Blick, jedes Gesicht von einer Kamera erfasst wird? In der Computer über Gut und Böse entscheiden?

Was passiert mit unseren Gefühlen? Mit unserer Freiheit?

Ich sage es euch: Wir verlieren Vertrauen.

Wir fühlen uns nicht mehr wohl in unserer Stadt.

Wir haben Angst, etwas falsch zu machen.

Wir trauen uns nicht mehr, anders zu sein.

Denn wer weiß, was der Computer denkt?

Wer weiß, ob meine Kleidung oder meine Hautfarbe oder meine Bewegung morgen als „auffällig“ gilt?

So entsteht Misstrauen. So entsteht Kälte. So entsteht eine Welt, in der wir nicht mehr als Menschen gesehen werden – sondern als Datenpakete. Als Risiko. Als Problem.

Was echte Sicherheit bedeutet

Sicherheit ist nicht, wenn Kameras laufen.

Sicherheit ist, wenn Menschen helfen.

Wenn genug Polizei da ist – echte Menschen, die eingreifen können. Wenn Bahnhöfe gut beleuchtet sind. Wenn Notrufe schnell beantwortet werden. Wenn Sanitäter schnell kommen. Wenn andere Fahrgäste wissen, wie man helfen kann.

Sicherheit ist auch, wenn wir Menschen helfen, bevor sie ausrasten. Wenn wir auf psychische Probleme achten. Wenn wir Not sehen und nicht wegschauen. Wenn wir ein Netz haben, das niemanden durchfallen lässt.

Ein Mensch, der mit einem Messer am Bahnsteig steht, braucht Hilfe – oft schon lange vorher.

Eine Kamera erkennt keine Not.

Eine Kamera heilt keine Seele.

Eine Kamera ersetzt keine Mitmenschlichkeit.

Ich sage Nein zur Totalüberwachung

Ich habe nichts zu verbergen.

Ich bin kein Verbrecher.

Und trotzdem will ich nicht, dass mein Gesicht gescannt wird, nur weil ich einen Zug nehme. Ich will nicht, dass ein Computer mein Verhalten bewertet. Ich will nicht, dass mir jemand sagt: Du siehst verdächtig aus.

Ich will frei sein.

Ich will mich sicher fühlen, weil Menschen aufeinander achten. Nicht, weil Technik uns zu Objekten macht.

Ich will nicht, dass wir in einer Stadt leben, in der jeder Platz eine Falle ist.

Ich will, dass Hamburg ein Ort bleibt, an dem wir Menschen sehen – nicht nur Daten auf Bildschirmen.

Wir müssen jetzt mutig sein – und nicht technikgläubig

Es ist verständlich, dass Politiker nach so einer Tat handeln wollen. Aber es ist gefährlich, in blinder Panik Technik zu kaufen, die nichts löst, sondern neue Probleme schafft.

Ich rufe euch zu: Hört auf mit der Überwachung!

Gebt das Geld lieber für Menschen aus. Für mehr Sicherheitspersonal. Für Sozialarbeiter. Für Psychologen. Für gute Technik, die unterstützt – aber nicht ersetzt.

Und vor allem: Für eine Gesellschaft, die Menschen sieht.

Nicht durch Kameras.

Sondern mit dem Herzen.

Hamburg ist besser als das.

Und das weiß ich, weil ich hier lebe.