Es ist ein dunkle Zeit für die Inklusion in Deutschland. Karin Prien, die neue Bundesministerin für Bildung, Familie und Kita, steht für eine Bildungspolitik, die schon in Schleswig-Holstein massive Kritik ausgelöst hat. Unter ihrer Führung hat sich die Inklusion dort nicht verbessert, sondern verschlechtert. Jetzt bekommt sie noch mehr Macht und Verantwortung. Für Menschen mit Behinderung, für ihre Eltern und für alle, die eine inklusive Gesellschaft wollen, ist das eine Schreckensnachricht.
Karin Prien war lange Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Unter ihrer Führung stieg die sogenannte Exklusionsquote – also der Anteil von Kindern mit Förderbedarf, die nicht in Regelschulen, sondern in Förderschulen unterrichtet werden – von 29,8 Prozent im Schuljahr 2017/2018 auf 33,1 Prozent im Schuljahr 2022/2023. Das bedeutet, dass immer mehr Kinder mit Behinderungen in Sondereinrichtungen abgeschoben wurden. Die Inklusion, also das gemeinsame Lernen aller Kinder, hat unter Prien massiv gelitten. Lehrerverbände und Elternvertreter warnen, dass dieser Trend sich jetzt bundesweit fortsetzen könnte.
Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verlangt, dass Menschen mit Behinderung dieselben Chancen auf Bildung haben wie alle anderen. Deutschland hat diese Konvention unterschrieben und muss sich daran halten. Doch unter Prien wurde dieser Auftrag in Schleswig-Holstein faktisch ausgehöhlt. Pädagoginnen und Pädagogen berichten, dass immer weniger Kinder mit besonderen Bedürfnissen die nötige Unterstützung erhalten. Statt kleiner Klassen und multiprofessioneller Teams gibt es in vielen Schulen überfüllte Klassen, fehlende Förderlehrer und keine Zeit für individuelle Förderung.
In den Kitas sieht es nicht besser aus. Priens Idee eines Kita-Pflichtjahres wurde von Erzieherinnen und Gewerkschaften scharf kritisiert. Sie sagen, dass dies ein Ablenkungsmanöver war, um von den Problemen in den Schulen abzulenken. Kinder sollten früher in die Kitas gezwungen werden, um angeblich ihre Sprachfähigkeit zu verbessern. Doch in Wahrheit ging es darum, die Verantwortung auf die Kitas abzuwälzen, während in den Schulen weiter gespart wurde. Auch hier zeigt sich: Prien hat den Weg der Ausgrenzung statt der Inklusion gewählt.
Jetzt, als Bundesministerin, wird sie nicht nur für Schulen, sondern auch für Kitas bundesweit verantwortlich sein. Und das ist eine Schreckensnachricht für alle, die auf eine inklusive Bildung hoffen. Menschen mit Behinderung, Elternverbände und Bildungsexperten fürchten, dass Priens Ansatz der Selektion und Ausgrenzung jetzt zum Modell für ganz Deutschland wird. Die SPD, CDU und CSU haben mit der Wahl von Prien eine klare Entscheidung getroffen. Sie setzen auf eine Bildungspolitik, die Menschen mit Behinderung zurückdrängt. Das ist eine direkte Kampfansage an alle, die für Inklusion kämpfen.
Als Mensch mit Schwerbehinderung sehe ich in der Ernennung von Karin Prien zur Bundesbildungsministerin eine Beleidigung und einen Schlag ins Gesicht aller Menschen mit Behinderung in Deutschland. Ich weiß, was es bedeutet, mit einer Behinderung zu leben und auf Unterstützung angewiesen zu sein. Und ich weiß, was es bedeutet, wenn Politiker diese Unterstützung systematisch abbauen.
Prien hat in Schleswig-Holstein ein dunkles Kapitel der Ausgrenzung geschrieben. Und jetzt bekommt sie die Chance, diesen Ansatz auf ganz Deutschland auszudehnen. Das ist keine Bildungspolitik. Das ist Ausgrenzung. Und das ist eine Katastrophe für alle, die eine gerechte und inklusive Gesellschaft wollen.