Mein kleiner Kommentar zum Artikel der Piratenpartei über den abgebrochenen CSD in Schönebeck

Ein gut gemeinter Text – aber kein guter Text.

Der Artikel von Dennis Klüver ist ein Versuch, sich solidarisch mit queeren Menschen zu zeigen. Gemeint sind damit alle Menschen, die lesbisch, schwul, bi, trans, nicht-binär, inter oder queer sind. Also Menschen, die nicht der Mehrheit entsprechen, wenn es um Geschlecht oder Liebe geht. Der Artikel will aufklären und Partei ergreifen. Das ist wichtig. Doch der Artikel bleibt oberflächlich. Und er zeigt: Wer hier spricht, versteht die Probleme der queeren Community nicht wirklich.

Dennis schreibt, dass der CSD in Schönebeck vom Ordnungsamt beendet wurde, weil ein Lied gespielt wurde, das ein Liebeslied war, und weil eine Rede angeblich nicht politisch genug war. Er nennt das „willkürlich“ und einen „Angriff auf Grundrechte“. Damit hat er Recht. Aber: Er bleibt an der Oberfläche. Er geht nicht darauf ein, warum das Ordnungsamt so gehandelt hat. Er fragt auch nicht, ob das öfter passiert oder ob queere Menschen in Schönebeck oder Sachsen-Anhalt vielleicht öfter Probleme mit Behörden haben. Es geht ihm eher darum, schnell einen starken Satz zu schreiben.

Das Problem dabei ist: Queere Menschen merken so etwas. Sie merken, wenn eine Partei einfach nur zeigen will: „Schaut her, wir sind auf eurer Seite.“ Aber ohne sich wirklich auszukennen. Ohne zuzuhören. Ohne zu fragen: Was brauchen queere Menschen wirklich? Welche Erfahrungen machen sie mit Behörden, mit Polizei, mit Schulen, mit Ämtern? Was heißt es, in einer Kleinstadt wie Schönebeck einen CSD zu organisieren?

Gerade das Beispiel in Schönebeck hätte eine gute Gelegenheit sein können, sich tief mit dem Thema zu beschäftigen. Stattdessen wiederholt der Artikel nur ein paar Standard-Sätze über Grundrechte und Versammlungsfreiheit. Das klingt gut, hilft aber nicht weiter.

Was haben die Behörden gesagt?

Laut Berichten begründete das Ordnungsamt den Abbruch so: Die Veranstaltung sei keine politische Versammlung gewesen. Und weil sie nicht als normale Veranstaltung angemeldet war, sondern als politische Versammlung, sei das nicht erlaubt gewesen.

Das ist ein sehr enger Blick auf das Gesetz. Denn natürlich ist ein CSD immer politisch. Auch wenn dort Musik gespielt wird. Auch wenn dort Liebeslieder laufen. Die Existenz queerer Menschen in der Öffentlichkeit ist in vielen Städten noch immer ein politisches Statement. Besonders in kleinen Städten, wo viele Menschen queerfeindlich denken. Wenn sich queere Menschen dort versammeln, dann ist das immer auch ein Kampf um Sichtbarkeit und Anerkennung. Das muss nicht laut oder wütend sein. Auch ein leiser CSD ist politisch.

Das Ordnungsamt wollte offenbar darüber entscheiden, was politisch genug ist und was nicht. Das ist gefährlich. Denn es gibt kein Gesetz, das sagt: „Ein CSD darf nur stattfinden, wenn ein bestimmter Satz gesagt wird.“ Oder: „Ein Liebeslied macht eine Demonstration unpolitisch.“ Wer so entscheidet, hat nicht verstanden, wie politische Meinungsäußerung funktioniert. Oder will sie bewusst einschränken.

Warum hilft der Artikel trotzdem nicht weiter?

Der Artikel nennt das Verhalten der Behörden „willkürlich“. Aber er erklärt nicht, warum es so gefährlich ist, wenn Behörden plötzlich anfangen zu sagen, was noch politisch ist und was nicht. Er nennt keine Beispiele aus der Vergangenheit. Er spricht nicht mit Betroffenen. Er stellt keine juristische Einordnung dar. Und er versucht auch nicht, mit der Polizei oder dem Ordnungsamt ins Gespräch zu kommen.

Vor allem aber macht er eines nicht: Er zeigt kein echtes Verständnis dafür, was ein CSD für die Menschen bedeutet, die ihn organisieren oder daran teilnehmen. Queere Menschen kämpfen oft mit Ablehnung. Viele haben schlechte Erfahrungen mit Polizei oder Ämtern gemacht. Für sie bedeutet ein CSD: sich zeigen, sich trauen, stolz sein. Das ist nicht nur ein Fest. Das ist Widerstand.

Fazit

Der Artikel von Dennis Klüver will Mut machen. Doch er bleibt auf halbem Weg stehen. Er klingt wie jemand, der dazugehören will – aber nicht genau weiß, worum es geht. Der Artikel ist kein Zeichen von echter Solidarität, sondern von politischem Kalkül.

Wenn die Piratenpartei die queere Community wirklich unterstützen will, muss sie mehr tun. Sie muss zuhören. Sie muss fragen. Sie muss queerfeindliche Strukturen erkennen und benennen. Und sie muss verstehen, dass der Kampf um Gleichberechtigung nicht mit einem Kommentar gewonnen wird – sondern mit Haltung, Wissen und ehrlicher Nähe.

Ein Liebeslied kann politisch sein.
Ein CSD ist immer politisch.
Und ein Artikel hilft nur, wenn er mehr ist als ein Versuch, sich gut zu positionieren.

Hier findest du den Artikel der Piraten:https://www.piratenpartei.de/2025/05/03/schoenebeck-aufloesung-des-csd-inakzeptabel/