Die CDU und die CSU haben in den letzten Jahren viele Versprechen gemacht. Besonders vor Wahlen haben sie oft so getan, als hätten sie einfache Lösungen für schwierige Probleme. Sie haben über Migration gesprochen, über Sicherheit und über die Zukunft von Deutschland. Sie haben Ängste geschürt und Menschen das Gefühl gegeben, dass alles außer Kontrolle geraten sei. Doch jetzt ist der Moment gekommen, an dem die Union liefern muss. Und plötzlich wird klar: Viele ihrer Versprechen lassen sich gar nicht einhalten. Nicht, weil jemand sie daran hindert, sondern weil sie gegen unsere Verfassung oder gegen das Recht der Europäischen Union verstoßen würden.
Der neue Mann im Innenministerium: CSU pur
Die CDU und CSU haben sich in der Vergangenheit gerne beschwert. Wenn etwas nicht geklappt hat, haben sie schnell gesagt: Die SPD war schuld. Oder die Grünen haben gebremst. Jetzt ist das anders. Der neue Innenminister kommt aus Bayern, aus der CSU. Er heißt Alexander Dobrindt, der oft mit besonders lauten und radikalen Forderungen aufgefallen ist. Doch jetzt gibt es niemanden mehr, dem man die Schuld geben kann. Die Union ist selbst an der Macht. Und dieser Mann muss jetzt zeigen, was seine Partei wirklich kann.
Das Problem ist: Was die Union im Wahlkampf versprochen hat, ist in vielen Fällen entweder verfassungswidrig, also nicht erlaubt durch das Grundgesetz, oder es widerspricht europäischen Gesetzen und Abkommen. Und das ist nicht einfach nur ein Problem für Juristen. Es ist ein Problem für die Demokratie.
Verfassungsbruch im Wahlprogramm?
Ein Beispiel ist das sogenannte individuelle Asylrecht. Das bedeutet: Jeder Mensch, der in Deutschland Schutz sucht, hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen und gehört zu werden. Dieses Recht steht im Grundgesetz, und es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ganz bewusst eingeführt. Es soll Menschen schützen, die in ihrer Heimat verfolgt werden. Die CSU aber will genau dieses Recht abschaffen. Markus Söder hat es gefordert, Thorsten Frei von der CDU hat es weitergeführt. Sie wollen ein System von Kontingenten, also eine feste Anzahl an Menschen, die jedes Jahr aufgenommen werden dürfen. Alle anderen sollen keine Chance mehr haben.
Das klingt vielleicht für manche erst einmal nachvollziehbar. Doch es ist ein klarer Bruch mit dem Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht würde so ein Gesetz sofort stoppen. Und auch die EU würde protestieren, denn das Asylrecht ist auch ein Teil des europäischen Rechts.
Doppelte Staatsbürgerschaft – aber bitte ohne Rechte?
Ein weiteres Beispiel ist der Vorschlag, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, wenn sie eine Straftat begehen. Auch das klingt auf den ersten Blick wie eine harte Maßnahme gegen Kriminalität. Doch auch dieser Vorschlag ist verfassungswidrig. Deutschland darf Menschen nicht staatenlos machen. Das steht im Grundgesetz. Außerdem würde eine solche Maßnahme bedeuten, dass nicht alle Menschen gleich behandelt werden – sondern dass Menschen mit Migrationsgeschichte härter bestraft würden als andere. Das ist Ungleichbehandlung und deshalb verboten.
Auch hier hat das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach deutlich gemacht: Die Staatsbürgerschaft ist ein Grundrecht – und darf nicht einfach als Strafe entzogen werden.
Abschiebungen täglich? Nicht möglich.
Im Wahlkampf hat Friedrich Merz gesagt, dass „jeden Tag abgeschoben“ werden soll. Auch Alexander Dobrindt und Joachim Herrmann (ebenfalls CSU) haben das wiederholt. Doch solche Aussagen zeigen eher, wie wenig die Union von der Realität versteht. Denn Abschiebungen sind ein langer und komplizierter Vorgang. Es gibt rechtliche Verfahren, es müssen Papiere beschafft werden, und es braucht Zustimmung von anderen Staaten. Kein Land kann einfach so jeden Tag Menschen abschieben – nicht einmal eine Unions-geführte Regierung.
Außerdem gibt es Menschen, die nicht abgeschoben werden dürfen: zum Beispiel, weil sie krank sind oder weil ihnen im Heimatland Folter droht. Wer solche Fakten ignoriert, täuscht die Öffentlichkeit.
Leitkultur statt Grundgesetz?
Immer wieder spricht die Union auch von einer „deutschen Leitkultur“. Was genau damit gemeint ist, bleibt oft unklar. Doch es ist gefährlich, wenn politische Parteien anfangen, eine bestimmte Kultur als besser oder richtiger zu beschreiben als andere. Denn das Grundgesetz schützt Vielfalt. Es sagt, dass alle Menschen gleich sind – egal, woher sie kommen, wie sie glauben, oder wie sie leben.
Die Idee einer „Leitkultur“ widerspricht diesem Gedanken. Sie grenzt Menschen aus, die anders sind. Sie spaltet die Gesellschaft. Und sie verletzt den Geist unserer Verfassung.
Die Union hat sich verrannt
Das große Problem der Union ist: Sie hat im Wahlkampf zu viel versprochen. Sie hat einfache Lösungen für komplexe Probleme angeboten. Sie hat damit Wählerstimmen gewonnen, aber sie hat damit auch Erwartungen geweckt, die sie nicht erfüllen kann.
Jetzt sitzt die Union selbst in der Regierung. Der neue Innenminister kann sich nicht mehr hinter anderen verstecken. Er muss liefern. Doch er wird schnell merken, dass viele der Forderungen seiner Partei schlicht nicht umsetzbar sind. Nicht, weil es an Willen fehlt – sondern weil die Rechtslage es nicht erlaubt.
Und das ist gut so. Denn das Recht in Deutschland schützt die Menschen. Es schützt vor Willkür, vor Ungleichbehandlung und vor Rachepolitik.
Die Entzauberung hat begonnen
Ich finde es persönlich großartig, dass diese Entzauberung jetzt beginnt. Viele Menschen haben geglaubt, die Union könne all die Probleme lösen, die sie im Wahlkampf beschrieben hat. Jetzt zeigt sich: Das war ein Trugbild. Die Union wird an ihren eigenen Lügen scheitern.
Und das Schöne ist: Alle Bürgerinnen und Bürger werden es sehen. Am Ende der Legislaturperiode, also in ein paar Jahren, wird Bilanz gezogen. Dann wird jeder sehen können, was wirklich erreicht wurde. Und viele werden erkennen: Die großen Worte aus dem Wahlkampf waren nur heiße Luft. Die Union hat sich selbst in eine Falle manövriert. Sie ist angetreten, um einfache Lösungen zu liefern. Doch jetzt muss sie sich an Gesetze halten. An das Grundgesetz. An Europa. An Menschenrechte.
Diese Götterdämmerung, dieses Ende der alten Macht-Erzählung, ist ein Moment der Wahrheit. Und diese Wahrheit wird für die Union bitter. Denn sie kann nicht mehr auf andere zeigen. Sie steht jetzt selbst im Licht – und jeder sieht, was wirklich dahinter steckt.