Warum wir Reichtum kritisieren dürfen – und müssen

Mein Follower Erwin, den man im Internet unter dem Namen @elottermann@kirche.social findet, hat in mehreren Beiträgen eine sehr spannende Meinung geäußert. Er sagt zum Beispiel:

„Statt sich über das Einkommen anderer Leute den Kopf zu zerbrechen sollten wir uns lieber Gedanken darüber machen, was es mit uns und unserer Gesellschaft macht, wenn wir Algorithmen gestatten, unsere Newsfeeds zu kuratieren.“

Und er sagt auch:

„Reichtum kritisieren bringt dir Reichweite und Wasser auf die Mühlen der aufmerksamkeitsgesteuerten Medienwelt aber erklärt keins der Probleme, durch die Einzelne Reichtum auf Kosten vieler anderer anhäufen können und kann auch keine Lösungen dafür hervorbringen.“

Ich möchte mich mit diesen Sätzen ernsthaft etwas mehr auseinandersetzen. Ich finde es gut, dass Erwin über solche Dinge nachdenkt. Und ich stimme ihm in einigen Punkten auch zu. Aber ich denke, dass es wichtig ist, mehr dazu zu sagen. Und ich glaube, dass man gerade durch Kritik an Reichtum den Anfang machen kann für echte Lösungen.

Was heißt eigentlich „Reichtum“?

Reichtum bedeutet: Jemand hat sehr viel Geld oder Dinge, die sehr viel wert sind. Zum Beispiel viele Autos, Häuser, Firmenanteile oder Aktien. Wenn jemand mehr besitzt, als er im Leben je ausgeben kann, ist das Reichtum.

Elon Musk zum Beispiel ist einer der reichsten Menschen der Welt. Ihm gehören viele Firmen, zum Beispiel X (früher Twitter), Tesla und SpaceX. Er hat mehr Geld, als Millionen Familien zusammen.

Oder nehmen wir Google, Facebook (heute heißt es Meta), Apple oder Amazon. Diese Firmen verdienen jeden Tag Milliarden Euro. Weil sie Werbung verkaufen. Und weil sie unsere Daten sammeln. Sie wissen, was wir mögen, wo wir klicken und wie wir denken.

Auch in Deutschland gibt es Reiche. Zum Beispiel die Familien hinter VW, Porsche oder Aldi. Oder ganz still: die Kirchen. Sie haben durch Erbschaften über viele Jahrhunderte riesige Mengen an Land, Immobilien und Geld angesammelt. Sie vermieten Wohnungen, verpachten Felder und verlangen Geld für Taufen und Beerdigungen. Dabei gehören sie eigentlich allen Gläubigen. Aber kontrolliert werden sie von wenigen.

Warum ist Reichtum ein Problem?

Reichtum ist nicht automatisch schlecht. Aber Reichtum wird zum Problem, wenn er auf Kosten anderer entsteht.

Wenn Menschen so wenig verdienen, dass sie sich kaum Essen leisten können, während andere mit dem Privatjet fliegen, ist das unfair.

Wenn Firmen Menschen schlecht bezahlen, aber ihre Chefs Millionen verdienen, ist das ein Problem.

Wenn jemand 1000 Wohnungen besitzt und die Mieten immer teurer macht, während andere keine Wohnung finden, dann muss man das kritisieren.

Was hat das mit Algorithmen zu tun?

Erwin hat Recht: Es ist gefährlich, wenn Computerprogramme – sogenannte Algorithmen – für uns aussuchen, was wir im Internet sehen.

Ein Algorithmus ist wie ein unsichtbares Programm. Es entscheidet, welche Nachrichten oder Bilder du zuerst siehst. Und es zeigt dir oft das, was dich aufregt. Damit du länger bleibst und mehr Werbung siehst. So verdienen Google, Meta und auch Elon Musk mit X ihr Geld.

Diese Programme haben Macht. Und sie können unsere Meinung beeinflussen. Sie zeigen uns oft nur, was zu unserer Meinung passt. Das kann gefährlich sein.

Aber: Diese Algorithmen dienen dem Reichtum. Sie wurden gemacht, um Geld zu verdienen. Und genau deshalb muss man beides kritisieren. Die Algorithmen – und den Reichtum, der mit ihnen gemacht wird.

Warum bringt Kritik an Reichtum etwas?

Erwin sagt: Kritik bringt nur Reichweite, aber keine Lösung. Ich finde: Doch, Kritik ist der Anfang. Wer schweigt, macht mit. Wer laut wird, zeigt: Es gibt ein Problem. Erst wenn viele Menschen verstehen, warum Reichtum ungerecht verteilt ist, können wir etwas ändern.

Zum Beispiel: Gesetze ändern. Erbschaften fair besteuern. Firmen dazu bringen, faire Löhne zu zahlen. Oder Werbung auf Plattformen wie X zu boykottieren.

Wenn wir die Kritik nicht äußern, passiert gar nichts.

Was können wir tun?

Wir können uns informieren. Wir können öffentlich sagen, was falsch läuft. Wir können unsere Daten schützen. Und wir können wählen: Mit unserem Geld und mit unserer Stimme.

Wir können Parteien unterstützen, die sich für Umverteilung einsetzen. Das heißt: Reiche müssen mehr abgeben, damit arme Menschen besser leben können.

Wir können fordern, dass auch die Kirchen ihr Vermögen offenlegen. Und dass es für alle da ist – nicht nur für Bischöfe.

Fazit

Lieber Erwin, du hast recht: Wir müssen über Algorithmen sprechen. Aber wir dürfen auch über Reichtum sprechen. Und das ist nicht Neid. Das ist Gerechtigkeit.

Denn eine Welt, in der wenige alles haben und viele fast nichts, ist keine gute Welt.

Und eine gerechte Gesellschaft beginnt mit einem einfachen Satz:

„So kann es nicht weitergehen.“