Die SPD hat große Probleme

Die Sozial­demokratische Partei Deutschlands, kurz SPD, war lange die Stimme der Arbeiterinnen und Arbeiter. Früher stellte sie Kanzler und prägte große Reformen. Heute wirkt sie müde. Bei der Bundestags­wahl im Februar 2025 bekam sie nur sechzehn Komma vier Prozent. Neue Umfragen zeigen kaum Besserung. Viele Menschen fragen sich nun, warum die Partei so schwach ist.

Nach der Wahl verhandelte die SPD mit der konservativen CDU und ihrer bayerischen Schwester CSU. Die drei Parteien wollen gemeinsam regieren. Man nennt das eine Koalition. Eine Koalition ist ein Bündnis von Parteien, die zusammen eine Mehrheit bilden. Die SPD-Spitze sagt, dieses Bündnis sei alternativlos. Das bedeutet: angeblich gibt es keine andere Möglichkeit, weil alle demokratischen Parteien eine Zusammenarbeit mit der rechts­extremen AfD ablehnen. Viele Mitglieder mögen das Wort nicht. Es erinnert sie an alte Große Koalitionen, bei denen die SPD an Profil verlor.

Ob die SPD in die Regierung eintritt, entscheiden die Mitglieder. Etwa drei­hundert­fünfzig­tausend Menschen dürfen per Brief oder online abstimmen. Die Führung wirbt für ein Ja. Doch schon in den ersten Tagen zeigt sich viel Widerstand. Besonders laut sind die Jusos. Das ist die Jugend der SPD. Auch mehrere Landes­verbände äußern Bauch­schmerzen. Sie sagen, der Vertrag enthalte zu viele Zugeständnisse an die Union. Innerhalb der Fraktion streiten zwei Gruppen. Der Seeheimer Kreis steht eher in der Mitte und will schnell regieren. Die Parlamentarische Linke, das ist die linke Gruppe der Abgeordneten, fordert ein klareres sozial­politisches Programm.

Im Zentrum des Streits steht Saskia Esken. Sie führt die Partei seit zwei­tau­send­neunzehn zusammen mit Lars Klingbeil. In den Gesprächen mit der Union trat vor allem Klingbeil auf. Viele Genossinnen und Genossen, so nennen sich SPD-Mitglieder, fragen nun: Wird Esken an den Rand gedrängt, weil sie eine Frau ist und links steht? Manche befürchten ein altes Muster. Frauen bekommen Aufmerksamkeit, solange es bequem ist. Wird es unbequem, stehen Männer im Vordergrund. Das sorgt für Ärger an der Basis und in sozialen Netzen.

Ein weiterer Konfliktpunkt ist die geplante Asyl­politik. Im Koalitions­vertrag steht, dass die Polizei die Grenzen schneller schließen soll. Asyl­verfahren sollen in Dritt­staaten verlagert werden. Dritt­staaten sind Länder außerhalb der Europäischen Union. Menschen­rechts­gruppen warnen, das verletze das Grund­recht auf Schutz vor Verfolgung. Viele Orts­vereine der SPD sehen hier einen Tabu­bruch. Die Partei hatte sich lange für Menschlichkeit gegenüber Geflüchteten stark gemacht. Jetzt gerät dieses Bild ins Wanken.

Auch bei den Steuern gibt es Streit. Vor der Wahl versprach die SPD eine Vermögens­steuer. Das ist eine Abgabe auf sehr große Privat­vermögen. Mit dem Geld sollten Schulen, Kranken­häuser und der Klima­schutz finanziert werden. In den Gesprächen mit der Union gab die Partei dieses Ziel auf. Die Union lehnt die Steuer ab. Gewerkschaften und linke Mitglieder nennen das einen Bruch des Gerechtig­keits­versprechens. Gleichzeitig klafft im Bundes­haushalt ein großes Loch. Ohne neue Einnahmen muss die Regierung an anderer Stelle sparen. Das droht besonders Menschen mit wenig Geld zu treffen.

Beim Thema digitale Überwachung zeigt sich ein weiterer Widerspruch. Noch zwei­tau­send­vier­und­zwanzig lehnte die SPD in Brüssel die Chat­kontrolle ab. Dabei sollten Internet-Dienste alle Nachrichten automatisch durchsuchen. Nun will die neue Regierung Gesichter auf Bahnhöfen per Kamera erkennen lassen. Das nennt man Gesichtserkennung. Außerdem sollen Internet-Anbieter Verbindungs­daten drei Monate lang speichern. Diese Praxis heißt Vorrats­daten­speicherung. Der Chaos Computer Club, eine Bürger­rechts­gruppe, warnt vor Massen­überwachung. Viele SPD-Mitglieder schließen sich dem Protest an. Sie fragen, wie die Partei Grund­rechte verteidigen will, wenn sie gleichzeitig neue Überwachung schreibt.

Die Lage der Partei wird durch wirtschaftliche Sorgen verschärft. Deutschland steckt seit drei Jahren in einer schwachen Wirtschaft. Arbeits­plätze in der Auto­industrie und in der Chemie gehen verloren. Die SPD versprach einst, gute Arbeit zu sichern. Jetzt wirkt sie hilflos. Der geplante Mindest­lohn von fünfzehn Euro, eine Lohn­unter­grenze, erscheint manchen als Trostpflaster. Ohne Vermögens­steuer und mit knappen Kassen muss die Partei bei Investitionen kürzen. Das trifft besonders Kommunen, also Städte und Gemeinden, in denen Schulen renoviert und Busse bezahlt werden müssen.

Viele ältere Mitglieder erinnern an frühere Niederlagen. Nach der Agenda 2010 im Jahr zwei­tau­send­drei verlor die SPD Millionen Stimmen. Sie fürchten, dass sich die Geschichte wiederholt. Damals senkte die Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder Sozial­leistungen. Heute drohen Kürzungen beim Bürgergeld, dem Geld für Menschen ohne Arbeit. Kritiker sagen, die Partei lernt nichts aus ihren Fehlern.

Die SPD steckt also in einer Klemme. Wenn die Mitglieder Ja sagen, stellt die Partei Ministerinnen und Minister. Sie bekommt das Finanz­ministerium und kann einzelne Projekte wie Miet­preis­bremsen umsetzen. Doch sie zahlt mit ihrem inneren Frieden und vielleicht ihrer Glaubwürdigkeit. Wenn die Mitglieder Nein sagen, platzt der Vertrag. Dann drohen neue Wahlen oder eine Minderheits­regierung. In dieser Unsicherheit könnte die AfD weiter wachsen. Das macht vielen Angst. Die Entscheidung fällt Anfang Mai. Bis dahin schlagen in der Partei zwei Herzen. Das eine will regieren. Das andere will an Werten festhalten. Welches Herz stärker ist, entscheidet über die Zukunft der SPD.

Quellen:

Reuters-Bericht vom 29. April 2025​

Politico.eu-Artikel vom 15. April 2025​

ECRE-Analyse vom 17. April 2025​