Im April 2025 veröffentlichte die Piratenpartei einen Artikel. Darin schrieb sie: Der CDU-Chef Friedrich Merz habe den Begriff „Achse der Autokratien“ benutzt. Und: Dieser Begriff stamme eigentlich von ihnen selbst. Sie hätten ihn schon im Jahr 2023 auf BlueSky benutzt. Jetzt wollen sie, dass das bekannt gemacht wird. Sie verlangen mehr Anerkennungfür ihre außenpolitischen Aussagen.
Das klingt auf den ersten Blick vielleicht verständlich. Doch wer genauer hinschaut, merkt: Das Ganze ist nicht halb so bedeutsam, wie die Piratenpartei tut. Und das liegt nicht nur am Begriff selbst, sondern auch daran, wie Politik funktioniert, wie Sprache funktioniert, und wie Bedeutung entsteht.
Was bedeutet „Achse der Autokratien“ überhaupt?
Das Wort Achse meint hier eine Verbindung. Also Länder, die eng zusammenarbeiten. Und das Wort Autokratienmeint Staaten, in denen nicht das Volk bestimmt, sondern eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe. Es sind unfreie Länder, in denen Demokratie unterdrückt wird. Beispiele sind Russland, China, Iran oder Nordkorea.
Wenn man also „Achse der Autokratien“ sagt, meint man damit: Diese Länder halten zusammen. Sie tauschen Waffen, Geld und Propaganda aus. Sie wollen die Weltordnung ändern. Und sie greifen damit auch Demokratien an.
Der Begriff ist nichts Neues
Die Piratenpartei sagt nun: „Wir haben diesen Begriff zuerst gesagt.“ Das ist nicht ganz richtig. Denn schon lange vor 2023 gab es einen ganz ähnlichen Begriff. Im Jahr 2002 sprach der US-Präsident George W. Bush in einer bekannten Rede von der „Achse des Bösen“. Gemeint waren damals der Iran, der Irak und Nordkorea. Es ging um Länder, die Terroristen unterstützen, Kriege vorbereiten oder Atomwaffen bauen wollten. Der Begriff wurde damals viel diskutiert und ist bis heute bekannt.
Der Ausdruck „Achse der Autokratien“ ist also nur eine neue Version dieses alten Begriffs. Es ist so, als würde man sagen: „Achse der Bösen“ war das Original – und „Achse der Autokratien“ ist eine modernere, etwas schlauere Formulierung. Aber die Idee dahinter ist die gleiche: Man beschreibt eine Gruppe von Ländern, die zusammenarbeitenund gefährlich sind.
Auch andere haben den Begriff benutzt – nicht nur die Piraten
Die Piratenpartei behauptet, sie sei die Erste gewesen. Aber das stimmt nicht so ganz. Zwar hat ihr außenpolitischer Sprecher Schoresch Davoodi den Begriff im Oktober 2023 auf BlueSky benutzt. Das ist belegt. Auch Alexander Kohler, ein anderer Vertreter der Partei, sprach davon nach dem Hamas-Angriff auf Israel.
Aber: Auch internationale Politiker, Forscher und Journalisten haben den Begriff benutzt. Und zwar zur gleichen Zeit oder sogar früher. Zum Beispiel sprach die Journalistin Katie Stallard im September 2023 in einem Artikel von einer „Achse der Autokratien“. Auch Außenpolitiker der NATO nutzten den Ausdruck schon im Januar 2024. Die Historikerin Anne Applebaum brachte im Jahr 2024 ein Buch heraus. Es heißt „Die Achse der Autokraten“. Auch sie beschrieb dort diese neue Allianz der autoritären Länder. Ihr Buch war in der Erstauflage schon vor Merz‘ Redeerhältlich.
Das zeigt: Der Begriff lag in der Luft. Viele Menschen weltweit haben zur gleichen Zeit ähnliche Gedanken gehabt. Das ist bei politischen Themen völlig normal. Wer dann behauptet, nur er dürfe das sagen, zeigt eher Eitelkeit als politische Reife.
Sprache kann man nicht besitzen – besonders nicht drei Wörter
Die Piratenpartei tut in ihrem Artikel so, als gehöre ihnen der Begriff „Achse der Autokratien“. Aber das ist unsinnig. Es handelt sich um drei ganz normale Wörter. Sie sind nicht neu erfunden worden. Sie wurden nicht besonders zusammengesetzt. Und sie sind keine kreative Erfindung, wie zum Beispiel ein Gedicht oder ein Lied.
In der Sprache nennt man so etwas eine Metapher. Eine Metapher ist ein Vergleich. In diesem Fall ist es ein Vergleich mit einer „Achse“ – wie in der Mechanik oder im Weltkrieg. Solche Vergleiche kann man nicht schützen. Sie gehören allen Menschen, genau wie das Wort „Diktatur“ oder „Freiheit“.
Der Versuch der Piratenpartei, hier ein „geistiges Eigentum“ zu beanspruchen, wirkt deshalb eher belustigend. Es zeigt, dass man sich wichtig machen will, ohne dass es wirklich einen Grund dafür gibt. In der Literatur nennt man das eine hohe Form der Verheerung – man versucht, sich durch Worte groß zu machen, obwohl die Realität ganz anders aussieht.
Die Realität ist: 0,0 % der Wähler haben sich für die Piraten entschieden
Die Piratenpartei schreibt in ihrem Artikel, dass sie in außenpolitischen Fragen frühzeitig Entwicklungen erkannt habe. Das mag sogar manchmal stimmen. In einigen Punkten, zum Beispiel beim Thema Iran oder Russland, lagen die Piraten sachlich richtig. Aber: Politik ist mehr als nur Recht haben.
Bei der Bundestagswahl 2025 hat die Piratenpartei 0,0 Prozent erreicht. Das bedeutet: Nicht einmal ein halbes Promille der Bürger hat sie gewählt. Sie spielt keine Rolle mehr in der Politik. Nicht im Parlament. Nicht in den Medien. Und auch nicht im Leben der meisten Menschen.
Wer so wenig Zustimmung in der Bevölkerung hat, sollte vielleicht leiser auftreten. Man darf natürlich stolz auf eigene Ideen sein. Aber man sollte nicht erwarten, dass die ganze Welt einem dafür ewige Anerkennung zollt. Besonders nicht, wenn es um drei gewöhnliche Wörter geht, die alle anderen auch benutzen dürfen.
Fazit: Weniger Ego, mehr Inhalte
Die Idee hinter dem Begriff „Achse der Autokratien“ ist ernst. Sie beschreibt eine echte Gefahr: Länder wie Russland, China und Iran, die sich zusammentun, um Demokratien zu schwächen. Diese Entwicklung muss man benennen und bekämpfen. Und ja, es ist gut, wenn Parteien wie die Piraten früh darauf hinweisen.
Aber aus einem Begriff einen Skandal zu machen, der keiner ist, hilft niemandem. Es lenkt ab von den echten Themen. Und es zeigt, dass es manchen mehr um Selbstdarstellung geht als um Demokratie.
Die Welt braucht klare Sprache. Sie braucht kluge Ideen. Und sie braucht Menschen, die auch dann weiterarbeiten, wenn niemand sie dafür lobt.
Zusammengefasst:
„Achse der Autokratien“ ist ein wichtiger Begriff. Aber er gehört nicht den Piraten. Er ist Teil einer größeren Debatte, die viele Menschen führen. Die Piratenpartei sollte sich darüber freuen, dass ihre Ideen aufgegriffen wurden. Und nicht versuchen, daraus einen Streit zu machen. Denn gute Ideen erkennt man nicht daran, wer sie zuerst hatte. Sondern daran, ob sie etwas bewirken.
Und das, liebe Piraten, entscheidet am Ende nicht ihr, sondern das Volk.